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Irgendwann gerät jedes Pro­jekt mal ins Schlingern. Probleme lie­gen in der Natur der Sache und gehören dazu. Wirk­lich gefähr­lich wird es nur, wenn Still­stand droht. Denn das gefährdet Projektziele, inves­tier­te Res­sour­cen und die Moti­va­ti­on.

Projektstillstand: diese Warn­si­gna­le gibt es

Krisen fallen nicht vom Himmel, auch wenn es sich manchmal so anfühlt. Meist gibt es bereits im Vorfeld vie­le krisenhafte Warn­si­gna­le und Sym­pto­me: 

  • Unstetes Projektmanagement: Ziele sind nicht definiert, Ent­schei­dun­gen wer­den regelmäßig ver­scho­ben oder delegiert, Ver­än­de­run­gen nicht konsequent genug umgesetzt oder gar abge­lehnt (“Hat doch bisher auch funk­tio­niert!”), Finanzen häufig umge­wid­met, eine Feh­ler- und Lern­kul­tur ist nicht exis­tiert
  • Ausbleibende oder man­gel­haf­te Doku­men­ta­ti­on: Projektstandsberichte, Dokumente und Reportings sind unvollständig, inhaltlich unsauber und ent­spre­chen nicht (mehr) der Norm oder unterbleiben ganz. Anstel­le von Zielen, Zielgruppen, Resul­ta­ten und Wir­kun­gen gibt es weit­schwei­fi­ge Erläu­te­run­gen und Schuldzuweisungen. Planzahlen sind veraltet oder unbekannt, alle machen irgendwie irgendwas, aber weitgehend planlos. 
  • Kein Biss: Ent­ge­gen den Verabredungen und avisierter Ziele gelingt es der Organisation über einen län­ge­ren Zeit­raum nicht, Meilensteine oder gar Ziele zu erreichen. Die Ziel­grup­pen fühlen sich nicht angesprochen, rele­van­te Kom­pe­ten­zen werden weder erkannt noch gefördert und von den zum Projektstart vollmundig angekündigten Projektpartner*innen (“Synergieeffekte!”) ist keine zu sehen. 
  • Schlech­tes Erschei­nungs­bild: Rollen, Kompetenzen und Ver­ant­wor­tungs­be­rei­che sind nicht ein­deu­tig defi­niert. Die daraus resultierenden Konflikte lähmen die Strategiefindung. Es gibt eine hohe Fluktuation. Mit­ar­bei­ter*innen sind unmotiviert, Fehl­zei­ten nehmen überhand, Ehren­amt­li­che verschabschieden sich.  

Die­se Aspek­te sind kei­ne erschöp­fen­de Auf­lis­tung. Und häu­fig gibt es auch nicht nur einen Grund, der für die Schief­la­ge eines Pro­jekts ver­ant­wort­lich ist, son­dern eine gan­ze Ket­te von Ent­wick­lun­gen. Aber wenn eines oder meh­re­re der obi­gen Warn­si­gna­le auf­leuch­ten, soll­tet ihr tätig werden. 

Je frü­her ihr euch gemeinsam (!) mit den Ursa­chen für die Kri­se auseinandersetzt, des­to eher bringt ihr das Pro­jekt wie­der auf Kurs. Vor­aus­set­zung hier­für sind aber abso­lu­te Ehr­lich­keit, eine gewisse Robustheit, eine ausgeprägte Konfliktfähigkeit, ein nüch­ter­ner Rea­li­täts­sinn und vor allem: Kennt­nis­se über den IST-Zustand des Pro­jekts. Denn nur wenn die Grün­de für Probleme bekannt sind, las­sen sich ver­schie­de­ne Lösungs­op­tio­nen erörtert.

(Eine gute Unterstützung, um den IST-Zustand zu ermitteln, bietet euch zum Beispiel unser “Wirkometer”: 20 Fragen, 10 Minuten, 1 Ergebnis)

Intervention gezielt planen

Um Klarheit zu gewinnen und eine etwaige Intervention besser planen zu können, achtet auf folgende Aspekte:

  • Gewin­nt Klar­heit über das Aus­maß des Pro­blems: Was läuft aus welchen Gründen schief? Was muss passieren, damit die ursprünglich vereinbarten Ziele wieder in den Fokus rücken? Bespre­cht eure gegenseitigen Erwar­tun­gen und die gemeinsamen Zie­le – und redet erst danach über die Schwierigkeiten. 
  • Benen­nt die Pro­ble­me, aber versteift euch nicht auf die Schuld­fra­ge: Hier­ kommen euch die Grund­sät­ze einer kon­struk­ti­ven Lern­kul­tur zupass: bis­he­ri­ge Schwach­punk­te wer­den klar benannt, aber die Debatte ist konstruktiv und zukunfts­ori­en­tiert, ihr kommuniziert wert­schät­zend und mit Blick auf die Zielgruppen.
  • Wenn Pro­jek­te aus dem Ruder laufen, hat das häufig mit unschar­fen Zie­len zu tun: Es könn­te also hel­fen, wenn ihr in eine in eine erneu­te Dis­kus­si­on über die Pro­jekt­zie­le ein­stei­gt. Ver­lie­rt euch dabei nicht in Kleinigkeiten, son­dern kon­zen­trie­rt auch auf das Wesent­li­che und betrach­ten das Pro­jekt aus der Vogelperspektive. Hierbei könnte der Blick von Außen bzw. durch Dritte helfen (eurer Zielgruppen etwa).
  • Häu­fig geraten Pro­jek­te in Schlingern, weil es inner­halb der Orga­ni­sa­ti­on an bestimmten Kom­pe­ten­zen mangelt: In solchen Fällen könntet ihr überlegen, euer Netz­werk ein­zubin­den, Fortbildungen ins Auge zu fas­sen oder Kon­takt zu ande­ren Orga­ni­sa­tio­nen in eurer Branche aufzunehmen.

Projektmanagement erfordert dauerhaftes Lernen

Um ein unrund laufendes Pro­jekt wie­der zurück in die Spur zu schieben, braucht es die Motivation und Zuversicht aller Betei­lig­ten. Ein pro­ba­tes Werkzeug hierfür sind regel­mä­ßi­ge Lern­run­den, in denen ihr euch austauscht. Hierbei helfen euch fol­gen­de Fra­gen :

  • Ob und inwie­fern konnten Meilensteine und Zie­le erreicht werden? An wel­chen Stel­len nicht, und warum?
  • Ob und inwie­weit weichen die Ziele von den ursprünglich geplan­ten Ergeb­nis­sen ab? Was waren die wichtigsten Erfolgsfaktoren? Welche Feh­ler wurden gemacht, welche Chancen ergriffen oder auch verpasst?
  • An wel­chen Stel­len müsst ihr die Ergeb­nis­se detaillierter betrach­ten und euch mit den Ursa­chen beschäftigen, z.B. mit­hil­fe einer Zwischenevaluation oder Befra­gung?

Dar­aus abgeleitet dann:

  • Sollten Meilenstein, Zie­le und Wirkungsindikatoren ange­passt oder gänzlich neu definiert werden? 
  • An welchen Stellen können Angebote, Maßnahmen und Akti­vi­tä­ten modi­fi­ziert wer­den? Gibt es Erfolgskriterien, die ihr bereits ermittelt habt oder die ihr von anderen kennt? 
  • Wel­che Aus­wir­kun­gen auf das allgemeine Pro­jekt­ma­nage­ment in eurer Organisation bzw. bezogen auf das Projekt erge­ben sich aus den Befunden, insbesondere finan­zi­ell, zeitlich, in der Kom­mu­ni­ka­ti­on gegen­über Förder*innen etc.?
  • Haben sich Monitoring, Evaluation oder Wir­kungs­ana­ly­se als prak­ti­ka­bel erwie­sen? Habt ihr die erhoff­ten Erkennt­nis­se gewonnen, und wenn ja: Welche? Welche fehlen?
  • Funk­tio­niert eure Wir­kungs­lo­gik in der Pra­xis (oder doch nur in eurem Kopf)? Muss die Wirkungslogik wei­ter­ent­wi­ckelt oder überarbeitet wer­den? Stimmen die Annah­men noch, auf denen euer Pro­jekt fußt?

Fehler gehören zum Geschäft

Eine gute Feh­ler­kul­tur zeichnet sich dadurch aus, dass aus der Fra­ge “Wie konn­te denn das pas­sie­ren?” ein Arbeits­auf­trag entsteht – und kein Vorwurf. Wenn alle das Gefühl haben, konstruktiv ermutigt zu werden und offen spre­chen zu kön­nen, ist das bereits die halbe Miete. 

Werden Feh­ler vor allem dafür herangezogen, um andere abzu­stra­fen, wer­den Mitarbeitende sol­cherart Lern­run­den vor allem als blo­ßes Kon­troll­in­stru­ment emp­fin­den. Und alles bliebe, wie es ist …