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Wenn eine Non-Profit durch einen Teil ihrer Aktivitäten regelmäßig Einnahmen erzielt, stellen sich schnell zwei Fragen: ob ein “wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb” unterhalten wird, und ob dieser voll steuerpflichtig oder ein “Zweckbetrieb” ist. Wir zeigen die wichtigsten Unterschiede und worauf Ihr achten müsst.

Beispiel: Der Vereinsgarten und die Vereinskasse

Sagen wir, ihr habt einen eingetragen Verein. Eure gemeinnützigen Zwecke bzw. die Vereinsziele sind laut Satzung die Förderung der Gartenkultur im städtischen Umfeld, der Schutz der Biodiversität sowie die Förderung von Wissen über Naturschutz. Euer Verein hat ein leeres Grundstück mitten in der Stadt gepachtet. Darauf betreibt ihr nun Urban Gardening mit vielen Aktivitäten:

  • Es gibt Beete mit Gemüse und Blumen. In den Ferien pflegt ihr sie mit Kindergruppen, die für die Ferienbetreuung einen kleinen Beitrag bezahlen. 
  • Zierbeete, Sträucher, viele Singvögel und ein paar Kaninchen zum Streicheln – das lockt Besucher an. Am Wochenende und an Sommernachmittagen verkauft ihr ihnen Kaffee, Kuchen und Eis.
  • Vom Frühling bis zum Herbst gibt es samstags einen Flohmarkt mit günstiger Standmiete.
  • Ihr habt einige Bienenvölker. Die Frau, die die Bienen betreut, veranstaltet bei euch Workshops für Stadtimker*innen und zu bienenfreundlicher Balkon-Bepflanzung.
  • Außerdem gibt es fast jede Woche kleine Events. Regelmäßig treten befreundete Künstler‘*innen bei euch auf. Für private Feiern kann man euren Garten ebenfalls mieten.

Das kleine Café, der Flohmarkt und die Events bringen am meisten Geld – über 40.000 Euro sind letztes Jahr allein damit zusammengekommen. Alles läuft rund – bis das Finanzamt kommt.

Nonprofit-Finanzierung – richtig gemacht

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So sieht das Finanzamt die Einnahmen eures Vereins

Das Finanzamt wird zunächst einmal feststellen, dass euer Verein “wirtschaftliche Geschäftsbetriebe” unterhält. Schließlich ist der Garten so eingerichtet und organisiert, dass er durch seine Aktivitäten regelmäßig Einkünfte erzielt.

Die wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe eines Vereins müssen Steuern bezahlen.”, 
werden die Finanzbeamt*innen euch sagen. “Wo ist die Einnahme-Überschuss-Rechnung, warum gab es keine Steuererklärungen?”

Wir sind doch ein eingetragener, gemeinnütziger Verein”, wird eure Antwort lauten. (Ihr könnt auch eine gemeinnützige Stiftung oder eine gGmbH sein, das ist für die Steuerpflicht der Betriebe egal.)

Daraufhin werden die Beamt*innen sich eure Satzung vornehmen, denn die ist jetzt entscheidend.

Na gut”, werden die Finanzbeamt*innen sagen. “Zweckbetriebe sind steuerbegünstigt – wenn sie Zweckbetriebe sind und den Vereinszielen dienen. Die Einkünfte aus den Workshops zur Bienenhaltung und aus den Kinderferiengruppen, die sind vom Vereinszweck gedeckt.”

Dann werden sie Luft holen, denn jetzt kommt das Aber: “Die Einnahmen aus den Konzerten, den Flohmärkten, den Geburtstagsfeiern und aus dem Verkauf von Kuchen und Eis – die haben mit dem Vereinszweck nichts zu tun. Das sind wirtschaftliche Geschäftsbetriebe, diese Einnahmen sind körperschaftssteuerpflichtig. Und Umsatzsteuer fällt auch an! Ihr Verein bekommt einen Steuerbescheid. Außerdem müssen wir prüfen, ob er noch gemeinnützig ist. Der Schwerpunkt Ihrer Aktivitäten scheint bei den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben zu liegen.”

Wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb, Zweckbetrieb – was bedeutet das?

Wenn euer Verein, eure Stiftung oder eure gGmbH durch eine selbstständige nachhaltige Tätigkeit wirtschaftlich tätig ist und Einnahmen oder andere wirtschaftliche Vorteile erzielt, habt ihr einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb.

Falls dieser Betrieb den Satzungszwecken dient, ist er ein steuerbegünstigter Zweckbetrieb. Ansonsten ist der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb steuerpflichtig. Die Steuerpflicht hängt allerdings von Freigrenzen und Freibeträgen ab – dazu gleich mehr.

  • Betriebe, die dem gemeinnützigen Zweck dienen, sind Zweckbetriebe. Ein klassisches Beispiel: Der Kulturverein mit dem Vereinszweck “Förderung der Musik Ludwig Beethovens” veranstaltet Konzerte und verkauft Eintrittskarten. Die Konzertveranstaltung ist als Zweckbetrieb genauso steuerbegünstigt wie der e.V. selbst. Deshalb fallen weder Gewerbesteuer noch Körperschaftssteuer auf die Ticketverkäufe an. (Körperschaftssteuer ist für juristische Personen wie einen e.V. quasi die Einkommensteuer). 
  • Wenn der gleiche Verein bei den Konzerten Sekt und Häppchen verkauft, oder im Internet T-Shirts mit Beethoven-Porträt vertreibt, dann sind der Catering-Stand und der Online-Shop keine Zweckbetriebe. Sie dienen ja nicht dem Satzungsziel. Deshalb sind sie als wirtschaftliche Geschäftsbetriebe steuerpflichtig.

In der Praxis ist die Abgrenzung zwischen Zweckbetrieb und steuerpflichtigem wirtschaftlichem Geschäftsbetrieb oft keineswegs eindeutig. Entsprechend oft kommt es zu Streitigkeiten mit dem Finanzamt.

Voraussetzungen für einen Zweckbetrieb

Es gibt drei gesetzlich festgelegte Voraussetzungen dafür, dass ein Betrieb als Zweckbetrieb anerkannt wird:

  1. Der Zweckbetrieb muss insgesamt dazu dienen, die in der Satzung genannten, gemeinnützigen Ziele zu verwirklichen.
  2. Der Betrieb muss notwendig sein, um diese Ziele zu erreichen.
  3. Dabei darf er kommerziellen Unternehmen, die Vergleichbares anbieten, nicht mehr Konkurrenz machen, als zur Erfüllung der gemeinnützigen Zwecke notwendig ist.

In der Abgabenordnung (siehe unten) findet sich eine Liste typischer Zweckbetriebe. Dazu gehören Senior*innen- und Jugend-Heime, Kindergärten, Einrichtungen für geflüchtete Menschen, Betriebe oder Werkstätten zur Selbstversorgung gemeinnütziger Einrichtungen, Inklusionsbetriebe und Werkstätten für Menschen mit Behinderung, sowie nicht-kommerzielle Seminar- und Forschungseinrichtungen.

Diese Liste ist nicht abschließend, Auch andere Betriebe – wie der Konzertbetrieb in unserem Beispiel – können Zweckbetriebe sein.

Übersicht: Einnahmequellen gemeinnütziger Organisationen

Wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb: die 45.000-Euro-Freigrenze

Steuern fallen an, wenn der Umsatz aus allen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben (ohne Zweckbetriebe) einschließlich der Umsatzsteuer 45.000 Euro im Jahr oder mehr ausmacht und der Gewinn 5.000 Euro überschreitet. Außerdem muss der Verein dann schon aus steuerlichen Gründen Buch über Einnahmen und Ausgaben führen und die nötigen Steuererklärungen beim Finanzamt einreichen.

Die Umsatzfreigrenze ist schneller überschritten als erwartet. Vielleicht nicht mit dem Verkauf von ein paar Würstchen beim Sonntagsspiel der Kiez-Kicker. Aber: Die Umsätze aus allen Geschäftsbetrieben müssen zusammengezählt werden.

Wenn ein eingetragener Verein viele Abteilungen hat, oder eine Stiftung viele Aktivitäten in Ergänzung zu den gemeinnützigen Zielen betreibt, kann die Freigrenze rasch erreicht sein. Umso mehr, als die Freigrenze inklusive Umsatzsteuer gilt. Wenn durchweg der normale Umsatzsteuersatz von 19 Prozent anfällt, ist die Freigrenze schon bei Einnahmen von 37.815,13 Euro erreicht.

Drei Anmerkungen dazu:

  1. Die Freigrenze wurde zum Jahresbeginn 2021 erhöht. Zuvor lag sie nur für Sportvereine und Sportveranstaltungen bei 45.000 Euro, für alle anderen gemeinnützigen Organisationen dagegen bei 35.000 Euro. Im Jahr 2020 war die Freigrenze also noch früher erreicht. 
  2. Freigrenze bedeutet: Sobald die Umsätze aus Wirtschaftsbetrieben diese Grenze überschreiten, sind die gesamten Einnahmen steuerpflichtig, nicht nur der darüber liegende Teil. 
  3. Selbst wenn die Umsatzfreigrenze von 45.000 Euro (oder 35.000 Euro bis Ende 2020) überschritten sein sollte, muss die gemeinnützige Organisation nicht in jedem Fall Steuern zahlen. Und zwar dann nicht, wenn der Gewinn aus wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben nicht mehr als 5.000 Euro beträgt. Sowohl bei der Körperschaftssteuer wie bei der Gewerbesteuer gibt es einen Steuer-Freibetrag in dieser Höhe.

Umsatzsteuer

Die Umsatzsteuer ist ein Sonderfall.

Die Umsatzsteuerpflicht lässt sich vermeiden, wenn die Umsätze im vorherigen Wirtschaftsjahr 22.000 Euro und im laufenden Wirtschaftsjahr 50.000 Euro nicht überstiegen haben. Das gilt für Zweckbetriebe wie wirtschaftliche Geschäftsbetriebe. Sie können dann den “Kleinunternehmer*innen-Status” beantragen.

Das bedeutet: Beim Verkauf muss keine Umsatzsteuer aufschlagen werden, allerdings muss bei allen Einkäufen den vollen Preis inklusive Mehrwertsteuer bezahlt werden. Bis 2019 galt als Vorjahresgrenze für den Kleinunternehmer*innen-Status übrigens ein Betrag von 17.500 Euro.

Liegt ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb über der Kleinunternehmer*innen-Grenze, dann ist er normal umsatzsteuerpflichtig: Je nach Art des Verkaufs fallen entweder 19 Prozent oder 7 Prozent Umsatzsteuer an. Zweckbetriebe haben auch bei der Umsatzsteuer einen Vorteil: Sie müssen auf alle Verkäufe nur den ermäßigte Umsatzsteuersatz von derzeit 7 Prozent aufschlagen. Und manche Leistungen gemeinnütziger Betriebe sind aus anderen Gründen umsatzsteuerbefreit, zum Beispiel als Heilbehandlungen.

Fazit: Das Urban Gardening und die Steuern

Eigentlich lässt sich das Fazit auf einen einfachen Nenner bringen: Sobald ihr mit irgendwelchen Aktivitäten Eures gemeinnützigen Non-Profits auch nur in die Nähe der 45.000-Euro-Freigrenze kommt, solltet ihr eine*n Steuerberater*in einschalten. Die kennen sich mit den Details der Besteuerung gemeinnütziger Organisationen genau aus.

Verlasst ihr euch stattdessen beim Abgrenzen von Wirtschafts- und Zweckbetrieben auf euer Bauchgefühl, kann das zu echten Problemen führen. Schlimmstenfalls will dann nicht nur das Finanzamt Steuernachzahlungen plus Säumniszuschläge. Es kann sogar sein, dass eure Gemeinnützigkeit in Gefahr ist, weil aus Sicht des Finanzamts eure wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe eine größere Rolle spielen als eure Satzungsziele.

Juristische Fundstellen

Die Vorschriften zu Besteuerung von Zweck- und Wirtschaftsbetrieben stehen bei den anderen Vorschriften zur steuerrechtlichen Gemeinnützigkeit in der Abgabenordnung (§§ 51 – 67 AO). Die Voraussetzungen für Zweckbetriebe listet § 65 AO auf, die zu wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben § 64 AO, die Liste typischer Zweckbetriebe steht in § 68 AO.

Die 5.000-Euro-Freigrenze ergibt sich bei der Körperschaftssteuer aus § 24 KStG und für die Gewerbesteuer aus §11 Abs. 1 Nr.2 Gewerbesteuergesetz.

Eine Pauschalbesteuerung für Einnahmen aus Werbung regelt § 64 Abs. 6. Nr. 3 AO.