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Für Organisationen ist die Übergabe des Staffelstabs von einer Generation an die nächste mit beträchtlichen Herausforderungen verbunden: Wenn bisherige Rollen, Strukturen, Machtverhältnisse und Werte plötzlich in Frage gestellt werden, kommt es oft zu Konflikten. Das zeigt auch unsere aktuelle Bedarfsanalyse unter Non-Profits. Welche Probleme und Fragen besonders häufig auftauchen, lest ihr hier.

In der Regel startet jede Organisation mit einer Gründer*innen-Generation. Wenn Personen aus der ersten Generation nach und nach die Organisation verlassen und kontinuierlich neue Mitarbeitende hinzukommen, vollzieht sich ein sogenannter Generationswechsel. Dass dabei von der “alten” und der “neuen” Generation die Rede ist, hat nichts mit dem biologischen Alter der beteiligten Personen zu tun, sondern mit der jeweils unterschiedlichen Lebensphase, in der sie die Organisation begleiten.

Der Generationswechsel führt häufig zu Auseinandersetzungen in einzelnen Teams und strukturellen Konflikten in der Gesamtorganisation. Die erste Generation eint in der Regel viel Enthusiasmus für die gemeinsame Sache: Gründer*innen und Teammitglieder arbeiten informell und explorativ in einem vertrauensvollen und familiären Verhältnis zusammen. Sie teilen eine Menge – oftmals undokumentiertes – Organisationswissen und nehmen stärkenbasiert Rollen ein.

Werden mit der wachsenden Organisation neue Mitarbeitende eingestellt, kommt es erfahrungsgemäß oft zum Clash zwischen den Generationen:

Die alte Generation Die neue Generation …
… möchte die informelle Art des Managements (informelle Machstrukturen) nicht aufgeben und Verantwortung ungern abgeben.… hat das Bedürfnis, für ihre Aufgabenbereiche selbst Entscheidungen zu treffen.
… möchte am Gefühl der familiären Vertrautheit festhalten (“Diese Organisation ist mein Leben“).… wünscht sich eine Work-Life-Balance und ein professionelles Arbeitsverhältnis.
versteht nicht, warum Prozesse plötzlich nicht mehr funktionieren.klagt über inoffizielle und exkludierende Strukturen, die nicht dokumentiert und offengelegt werden.

Informelle Strukturen, die ausschließlich von der alten Generation praktiziert werden, fördern die Bildung von Doppelstrukturen. Denn wenn die neue Generation die informellen Strukturen nicht versteht bzw. anerkennt, baut sie Parallelstrukturen auf.

Damit eine Organisation wirkungsvoll weiterarbeiten kann, durchlaufen viele Non-Profits deshalb bewusst einen Professionalisierungsschub: Prozesse, Strukturen, Rollen und Verantwortlichkeiten werden offengelegt und neu vergeben. Dieser wichtige Schritt muss von allen Personen beider Generationen mitgetragen und akzeptiert werden.

Die prekären, ressourcenarmen Arbeitsbedingungen im sozialen Sektor machen einen erfolgreichen Generationswechsel besonders schwer, da die Mitarbeitenden häufig intensiv mit der Projektarbeit beschäftigt sind. Dementsprechend fehlen ihnen die die nötige Zeit und Energie, um die Organisationentwicklung im Blick zu behalten und an ihr zu arbeiten. Außerdem werden Veränderungen – insbesondere von Seiten der Gründer*innengeneration – häufig als bedrohlich empfunden.

Ihr seid nicht allein: aktuelle Herausforderungen aus der Praxis  

Soweit zur Theorie. Doch welche Themen beschäftigen Non-Profits beim Generationswechsel wirklich? Wir haben nachgefragt und mithilfe einer interaktiven Bedarfsanalyse herausgefunden, dass viele Herausforderungen und offene Fragen immer wieder auftauchen:  

1. Kulturwandel und Professionalisierung  

  • Wie erkennen wir veraltete Strukturen, Prozesse, Rollen und Werte?
  • Wie legen wir (informelle) Machtstrukturen offen und verteilen Verantwortung neu? 
  • Wie definieren wir neue Philosophien und Arbeitsfelder? 
  • Wie bringen wir die unterschiedlichen Generationen dazu, ihre Bedürfnisse klar zu formulieren?  
  • Wie sichern wir den Wissenstransfer zwischen den Generationen? 

2. Generationswechsel einleiten und Ressourcen planen  

  • Welche zeitlichen und personellen Ressourcen müssen wir einplanen?  
  • Wie involvieren wir die vorherige Führung mit in den Prozess? 
  • Wie schaffen wir einen vertrauensvollen Raum für eine Testphase?  
  • Wie gestalten wir eine angemessene Fehlerkultur? 
  • Wie können wir von anderen Organisationen lernen?   

3. Neue Rollen und Machtverteilung 

  • Wie erkennen wir überholte Strukturen und brechen sie auf?
  • Wie schaffen wir gemeinsam neue Strukturen?
  • Wie schaffen wir Ressourcen für einen Begleitungsprozess? 
  • Wie gestalten wir unbezahlte Führungsrollen attraktiv?  
  • Wie binden wir erfahrene, externe Akteure ein? 

4. Konfliktprävention und Konfliktmanagement

  • Wie gewährleisten und gestalten wir die Beteiligung von Personen aus verschiedenen Generationen?  
  • Welche Kernstrukturen müssen in jedem Fall erhalten bleiben?  
  • Wie lange kann die alte Führung in ihrer Rolle und Verantwortung bleiben?
  • Wie vermeiden wir Parallelstrukturen ?  
  • Wie schaffen wir das Bewusstsein dafür, dass sich die Organisation weiterentwickeln muss?  

5. Emotionsmanagement und Wertschätzung

  • Wie motivieren wir das gesamte Team, damit es Lust auf den Prozess hat?   
  • Wie gelingt eine wertschätzende Kommunikation während des Prozesses ?  
  • Wie gehen wir mit Personen um, die den Prozess bremsen? 
  • Wie schaffen wir es, das System der alten Generation loszulassen und gleichzeitig wertzuschätzen?  
  • Wie können wir mit starken Emotionen während eines Generationswechsels umgehen?
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