ZEIT ONLINE: Herr Braune, es ist kurz vor Weihnachten und viele Menschen möchten für einen guten Zweck spenden. Aber: Wo fängt man zwischen dem Krieg in der Ukraine, Menschen auf der Flucht, der Klimakrise oder dem Artensterben nur damit an? 

Sven Braune: Ich kann diese Überforderung gut verstehen. Tatsächlich brennt es ja an allen Ecken und Enden der Welt. Die Frage, was eine gute Spende ist, führt aber zuerst nach innen: Fragen Sie sich, was Ihnen persönlich wichtig ist. Vielleicht ist da der krebskranke Familienangehörige, also spenden Sie für die Krebshilfe. Aber verlieren Sie darüber nicht den Blick auf die großen Themen wie Krieg, Hunger und Armut, Artensterben und Klimakrise. 

ZEIT ONLINE: Für die Ukraine wird vermutlich besonders viel gespendet? 

Braune: Das ist sicherlich gerade das zentrale Thema: Hilfe für die Notversorgung, aber auch für den Wiederaufbau in der Ukraine. Der Bedarf dafür ist natürlich auch enorm hoch. Deshalb ist es eine gute Nachricht, dass die Spendenbereitschaft der Menschen in Deutschland gerade sehr hoch ist – Inflation und Energiekrise zum Trotz.

ZEIT ONLINE: Es gibt so viele unterschiedliche Organisationen und Angebote: kleinere private Initiativen und die großen Organisationen, die jeder kennt. Wo ist meine Spende am besten aufgehoben?

Braune: Es gibt seriöse Plattformen wie betterplace.org oder, speziell für die Ukraine, dobro.ua. Dort finden sich vor allem kleinere Initiativen, sie stellen sich und ihre Projekte vor, erklären, wofür sie wie viel Geld benötigen. Wir bei PHINEO haben die Initiative WE AID gegründet, unter deren Dach wir aktuell acht privaten Hilfsprojekten für die Ukraine eine gemeinnützige Infrastruktur und ein Netzwerk bieten. Wenn all das fehlt, sind kleine Organisationen mit hohen Spendenbeträgen schnell überfordert.

ZEIT ONLINE: Dann ist das Geld besser bei den großen Hilfsorganisationen untergebracht?

Braune: Damit machen Sie jedenfalls nichts falsch. Die haben eine professionelle Struktur, viel Erfahrung aus Krisengebieten weltweit und die Netzwerke sowie den politischen Einfluss, die den Zugang erst möglich machen. Spenden ohne Zweckbindung können sie auch in den weniger beachteten Krisensituationen einsetzen, von Ernährungsprojekten in Somalia über Fluthilfe in Pakistan bis zum Aufbau eines Gesundheitssystems auf Haiti.

ZEIT ONLINE: Deutschland- wie weltweit haben wir in diesem Jahr Dürren, Brände und Überflutungen erlebt. Sie werden mit jedem Zehntelgrad Erderwärmung heftiger. Es braucht viel Geld für Klimaanpassung und Entschädigungszahlungen an Staaten und Menschen, die am stärksten betroffen sind. Wie kann ich dabei mit meiner Spende sinnvoll helfen?

Braune: Auch da können Sie vor allem an die Hilfsorganisationen der UN und die großen Katastrophenhilfswerke spenden. Die helfen dabei, die Menschen mit Lebensmitteln zu versorgen oder Infrastruktur wie Krankenhäuser und Schulen wieder aufzubauen. Allerdings geht es bei Klimaanpassung und noch mehr bei Entschädigungen für Klimaschäden um viele Hundert Milliarden Euro. Aus meiner Sicht sollten Staaten dieses Geld bereitstellen, weniger Privatpersonen.

ZEIT ONLINE: Woran erkenne ich eine Organisation, die Spenden wirksam einsetzt?

Braune: Für eine positive Wirkung kommt es darauf an, wie ein Projekt umgesetzt wird. Jede Art von Kampagne sollte eher Lösungen präsentieren, statt nur Katastrophen zu kommunizieren. Gerade beim Klimaschutz müssen Bildungsmaßnahmen neben Fakten auch praktische Angebote aufzeigen, also Möglichkeiten für Menschen, daran mitzuarbeiten. Beteiligungsangebote sollten die Bevölkerung möglichst repräsentativ abbilden. Und schließlich sollten die Organisationen hinter den Projekten einige Kriterien für Vertrauenswürdigkeit erfüllen. 

ZEIT ONLINE: Welche sind das?

Braune: Sie sollten eine Website haben, auf der sie aktuelle Informationen zu ihren Projekten, zu ihrer Finanzierung, Jahresberichte und eine Telefonnummer für Nachfragen veröffentlichen. Ein Hinweis auf Vertrauenswürdigkeit ist das Logo der Initiative Transparente Zivilgesellschaft. Auch das DZI-Spendensiegel zeigt an, dass eine Organisation transparent arbeitet und in ihren Projekten die Menschenrechte schützt. Unser PHINEO-Wirkt-Siegel bestätigt, dass ein Projekt nachweislich wirkt. 

ZEIT ONLINE: Besser eine größere Spende an eine Organisation oder mehrere kleine an verschiedene?

Braune: Ich verstehe das Bedürfnis, das verfügbare Spendengeld für möglichst viele gute Zwecke einzusetzen, würde aber eher nur eine Organisation bedenken. Viele kleine Spenden bedeuten viel Aufwand in der Verwaltung und weniger langfristige Planbarkeit.